Windows: Datenumzug von Festplatte zu SSD

In meinem Rechner steckte neben eine SSD für das Betriebssystem und die wichtigsten Programme auch noch eine klassische Festplatte die ich vor allem für Spiele und andere große Daten genutzt hatte. So ganz zeitgemäß war das nicht mehr, und vor allem störte mich der Lärm: Obwohl die Festplatte, wie von der c’t empfohlen, in einem Entkopplungsrahmen (Sharkoon Vibe Fixer) verbaut war, war die ganz Zeit ein leichtes Rauschen zu hören. Das störte mich vor allem, wenn ich nicht aktiv am Recher saß, sondern z.B. auf dem Sofa daneben. Eigentlich hätte die Festplatte auch irgendwann stoppen sollen, aber so ganz hat das nie funktioniert.

Nachdem ich jetzt gelesen hatte das SSDs gerade besonders günstig sind habe ich zugeschlagen, und mir eine 1TB-SSD von Samsung gekaut. Nur wie bekomme ich jetzt am einfachsten die Daten darauf? Es ging ja nicht um die Systemplatte, sondern nur um zusätzliche Daten. Unter Linux hätte ich einfach eine blockweise Kopie mit dd gemacht, das funktioniert normalerweise sogar mit dem laufenden System ganz passabel. Unter Windows scheint das mit Boardmitteln unmöglich zu sein.

Ich hatte mich dann kurz im Netz nach Software zum blockweisen Kopieren von Festplatten umgesehen. Es gibt dort viel bunte Software mit Testversionen, Installern und Werbung, aber scheinbar kein Tool, was das „einfach so“ erledigt. Der Markt für systemnahe Windows-Software ist schon interessant… Nach längerem Suchen habe ich dann „HDDRawCopy“ gefunden, von dem er auch eine portable Version gab. Das Tool funktionierte allerdings nicht im laufenden Betrieb, da es kein exklusives Lock auf den Datenträger bekommen kann.

Der nächste Versuch war dann, die Dateien einfach per Windows-Explorer zu kopieren, es waren ja im Grunde wirklich nur Dateien, eine blockweise Kopie des Datenträgers war ja gar nicht nötig. Das funktionierte auch grundsätzlich erst mal gut, allerdings wurde eine Dauer von „etwa einem Tag“ geschätzt, was mir doch recht lange vorkam für meine 700 GB. Der Fortschrittsbalken füllte sich allerdings deutlich schneller, entsprechend war ich erst mal optimistisch. Nach ein paar Stunden wollte ich dann schauen, wie weit der Kopiervorgang war. Ungeschickterweise habe ich auf „Escape“ gedrückt um den Bildschirm zu aktivieren, und dadurch den Kopiervorgang abgebrochen. Kein Problem dachte ich, ich starte ihn einfach neu und wähle „bestehende Dateien überspringen“. Doch soweit kam ich nicht: Das Kopieren sei nicht möglich, weil am Ziel noch genug Platz sei. Offenbar prüft Windows erst die Größe, bevor es schaut, ob Dateien doppelt sind…

Mein nächster Versuch war WindowsRE, das Mini-Windows zu Reparatur. Damit sollte die Festplatte nicht in Benutzung sein, und ich könnte sie mit dem HDDRawCopy-Tool kopieren. Dorthin zu gelangen ist ein wenig versteckt: Im Startmenü mit gedrückte Umschalttaste auf „Neustart“ klicken, dann „Problembehandlung“ auswählen und „Kommadozeile“ wählen. Damit landen man in einer Windows-RE-Shell. Aus irgendwelchen Gründen kann man dort das HDDRawCopy-Tool aber nicht starten. Schlussendlich habe ich dann doch nur die Dateien kopiert, allerdings mit robocopy: Zunächst muss man rausfinden, welchen Buchstaben die richtige Laufwerke haben, in Windows-RE kann das anders sein als gewohnt. Danach ist das Kopieren relativ einfach:

robocopy D:\ E:\ /copyall /b /mir

D:\ ist die Quelle, E:\ das Ziel. /copyall sorgt dafür das alle Attribute (Dateirechte, Timestamp, etc.) mitkopiert werden. /b verwenden den Backup-Mode mit man auf alle Dateien zugreifen kann (das sollte unter Windows-RE egal sein). Das „Backup-Privileg“ ist übrigens ein ganz interessantes Konzept in Windows. Schlussendlich aktiviert /mir noch den „Mirror-Mode“, der dafür sogt das das Ziel danach eine exakte Kopie der Quelle ist, also ggf. zusätzliche Dateien gelöscht werden. Ich hatte noch mit der Option /mt (für Multi-Threading) experimentiert, das schien es aber eher langsamer zu machen.

Damit lief das Kopieren dann, gefühlt auch ein wenig schneller als mit dem Windows-Explorer. Danach habe ich die alte Festplatte ausgebaut. Glücklicherweise hat Windows der neuen SSD wieder den gleichen Laufwerksbuchstaben zugewiesen, so dass direkt alles wieder funktioniert hat. Auch wenn ich das kopieren mit robocopy unter Windows-RE durchgeführt habe, gehe ich mal davon aus, das es genauso auch im laufenden Betrieb geklappt hätte.

Das war erstaunlich kompliziert! Wobei es schlussendlich aber auch nur ein Befehl war, unter Linux hätte ich ihn aufgrund meiner Erfahrung halt auswendig gewusst. Trotzdem finde ich es interessant, wie Microsoft es schafft, Windows auf der einen Seite durchaus für den unerfahrenen Anwender bedienbar, und auch ohne viel Fachwissen administrierbar zu machen. Auf der anderen Seite erscheint mir Windows aber auch enorm verwinkelt, sodass man wirklich viel Spezialwissen braucht, um etwas ungewöhnlichere Sachen zu machen. Linux erscheint mir da doch etwas gradliniger und einfacher zu durchschauen, auch wenn die Hürde natürlich höher liegt. Aber vielleicht ist das auch nur mein persönlicher Bias aus 5 Jahren Linux-Administration 🙂

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