Kein Aprilscherz: Windows bekommt eine Linux-Subsystem

Tux schaut aus dem Fenster. (Quelle: heise)

Ich muss zugeben, als ich diese Meldung heute bei heise gesehen habe, habe ich wirklich eine Weile gedacht, sie hätten ihren diesjährigen Aprilscherz einen Tag zu früh veröffentlicht: Windows 10 bekommt ein Linux-Subsystem, und wird Linux-Binaries nativ ausführen können! Es ist keine VM im Hintergrund aktiv, es ist „einfach nur“ ein Wrapper, der die Linux Systemaufrufe auf die äquivalenten Windows-Versionen umbiegt. Also quasi ein inverses Wine.

Ich denke, das Zitat von Mark Shuttleworth fasst es ganz gut zusammen:

In our journey to bring free software to the widest possible audience, this is not a moment we could have predicted.

Aktuell ist es damit wohl möglich, ein komplettes Userspace-Image von Ubuntu 14.04 zu nehmen und bash inklusive der gängigsten Tools auszuführen, auch Sachen wie Python laufen nativ. Ein paar Probleme gibt es wohl noch in Richtung Terminal-Emulation, screen und tumx machen wohl noch Probleme; das dürfte wohl vor allem an Microsofts unsäglicher Konsolen-Emulation liegen (auch wenn cmd.exe ja mit Windows 10 schon etwas weniger nach Steinzeit aussieht, und wohl für dieses Projekt auch noch mal eine Generalüberholung bekommen hat). Das zweite Problem ist schon etwas tiefergehend: Es ist zumindest aktuell nicht möglich aus dem Linux-System heraus Windows-Programme zu starten. Das schränkt die Scripting-Möglichkeiten natürlich etwas ein, mal sehen ob sich da noch was ändert.

Ein paar mehr Informationen findet man noch bei Microsoft und Dustin Kirkland.

Bliebe noch die Frage nach dem Warum. Laut dem oben verlinkten Blogeintrag, war einer der häufigsten Wünsche von Windows-Entwickeln, Linux-Tools nativ nutzen zu können. Es wird dort auch noch mal ganz klar betont, dass es wirklich um kleinere Entwicklertools geht, nicht darum, dicke Serveranwendungen damit laufen zu lassen (da könnte man dann auch gleich ein richtiges Linux nehmen). Ich denke es geht da vor allem um Sachen wie NodeJS und ähnliches, die ja aktuell total hip sind, und aus dem Linux-Umfeld kommen. Für Windows-Anwendungen hat Microsoft mit dem Visual Studio meiner Meinung nach eine Entwicklungsumgebung im Angebot, die ich definitiv nicht gegen Linux-Alternativ tauschen wollen würde. Gelegentlich vermisst man tatsächlich mal eine „richtige“ Kommandozeile, aber auch da hat die Powershell schon stark dazugelernt (generell finde ich den Powershell-Ansatz übrigens wesentlich konsistenter und besser designt als bash, aber man hat sich jetzt eben dran gewöhnt…). Interessant wird jetzt, welche Entwickler Microsoft damit ansprechen will. Wer Desktop-Anwendungen schreibt, wird Visual Studio benutzen, und mMn wenig Bedarf nach Linux-Tools haben. Wer Server-Anwendungen mit NodeJS und ähnlichem schreibt, die später auf einem Linux-Server laufen, hat eigentlich nichts davon, überhaupt auf Windows zu setzen. Ich sehe da die Zielgruppe irgendwie noch nicht ganz. Für mich liegen die Stärken von Windows ganz klar in der Oberfläche und den tollen Tools dafür, wie eben Visual Studio und XAML, Linux sehe ich im Serverbereich meilenweit vorne, weil es einfach viel flexibler und transparenter ist. Vielleicht geht es aber auch gerade um die „kleinen Momente“ wo man wieder am fluchen ist, weil Windows wieder mal zu unflexibel ist, und man das Linux-Kommando im Kopf hätte.

Aber was Microsoft sich dabei gedacht hat, ist ja eigentlich auch egal, es ist auf jeden Fall eine tolle Sache, mit der sich bestimmt jede Menge interessante Dinge machen lassen (vermutlich mehr Sachen, die Microsoft eigentlich nicht im Sinn hatte…). Mal sehen, ob das die Entwickler bei Windows hält, oder ob dann alle zu Linux wechseln, wenn sie erst Mal Blut geleckt haben 🙂 Wer damit rumspielen will: Ein wenig dauert es noch, es kommt erst Mal über das Windows-Insider-Programm und dann (hoffentlich) auch mal für alle in Windows 10.

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